Wasserstoff hier in der Region für Menschen und Betriebe umsetzbar zu machen – das treibt mich an
Dominik Matheisl, Wasserstoff-Beauftragter der LINZ AG, zeigt, wie der regionale
Versorger Wasserstoff dort einsetzt bzw. erforscht, wo er echte Wirkung entfalten
kann: Beim Reduzieren von Emissionen, beim Stärken der Versorgungssicherheit
und der Wettbewerbsfähigkeit in der Region sowie bei der Energiewende. Im
Interview gibt er Einblicke in konkrete Projekte, die Integration in bestehende
Infrastruktur und die Zusammenarbeit mit den Fachkräften von morgen, damit
Wasserstoff hier in der Region wirklich Wirkung entfalten kann.

Herr Matheisl, Wasserstoff gilt als Schlüssel für die klimaneutrale Energieversorgung. Welche Rolle spielt er konkret für die LINZ AG und die
Region Linz?
Die LINZ AG versteht sich als Systemintegrator vor Ort. Dabei behalten wir im Blick,
wo Wasserstoff heute technisch und wirtschaftlich Sinn macht, immer mit Fokus auf
Versorgungssicherheit und leistbare Energie. Konkret bedeutet das: die Frage
klären, wo Wasserstoff jetzt schon in der Industrie, im Energiesystem eingesetzt
werden kann. So werden Emissionen vermieden und ein konkreter Beitrag zum
Klimaschutz geleistet.
Ein weiterer wichtiger Anwendungsfall, der mir besonders am Herzen liegt, ist die
saisonale Energiespeicherung. Überschüsse, die im Sommer erzeugt werden,
können durch Wasserstoff in einen speicherbaren Energieträger umgewandelt und
somit die Energie im Winter wieder genutzt werden. Das stabilisiert das
Gesamtsystem und entlastet Spitzenlasten.
Und konkret für Linz: Welche Chancen ergeben sich daraus für die LINZ AG
und für die gesamte Region durch den Einsatz von Wasserstoff?
Linz ist einer der wichtigsten Industriestandorte Österreichs. In der nationalen
Wasserstoffstrategie wird die Region als Vorreiterstandort genannt. Dieses Thema
ist für uns besonders wichtig, weil wir mit Wasserstoff einen Beitrag leisten möchten,
um die Wettbewerbsfähigkeit der Region zu sichern und gleichzeitig die
Klimaneutralität voranzutreiben.
Im Einklang mit unseren zentralen Werten, Versorgungssicherheit und der
Leistbarkeit von Energie, ergibt es daher Sinn, Wasserstoff als wesentliches Element
in das Energiesystem zu integrieren. Wasserstoff hat das Potential, neben Strom
und Fernwärme zum dritten tragenden Element der Energieinfrastruktur zu werden –
dort, wo er systemisch den größten Nutzen stiftet.
Die LINZ AG ist am EU-Referenzprojekt EUH2STARS beteiligt. Können Sie
mehr über das Projekt und Ihre Rolle erzählen?
Das ist ein sehr wichtiges Projekt, um die Speicherbarkeit von Wasserstoff in großen
Untergrundspeichern zu demonstrieren. Die RAG Austria AG hat bereits gezeigt,
dass dies technisch möglich ist. Der nächste Schritt besteht nun darin, die Speicher
marktfähig zu machen und tatsächlich in den Markt zu integrieren – genau daran
wird in diesem Projekt gearbeitet.
In unserer Rolle als Energieversorger bringen wir unsere Anforderungen ein: Welche
Leistung und welche Mengen brauchen Industriekunden oder unsere
Fernheizkraftwerke? Konkret untersuchen wir parallel auch die H2-Readiness
unseres Fernheizkraftwerks Linz-Süd. Insgesamt entsteht daraus ein Lastprofil, das
die Speicher erfüllen müssen. So werden marktnahe, belastbare Ergebnisse erzielt.
Wie kann die bestehende Infrastruktur der LINZ AG für Wasserstoff genutzt
werden?
Es geht darum, das bestehende System zu verbessern und keine neuen
Insellösungen zu schaffen. Ein Beispiel ist unser Projekt bei unserer Kläranlage: Der
bei der Wasserstoffproduktion entstehende Sauerstoff entlastet die Belüftung in den
Belebungsbecken und senkt so den Energieeinsatz. Die Abwärme speisen wir in die Wärmeversorgung ein. So entsteht ein hoher Systemnutzen durch Synergieeffekte,
ohne Insellösungen.
Neben der Fachtagung ist die LINZ AG sehr aktiv beim Informationstag der H2
Convention. Welche Rolle spielt Ihr Engagement für Schüler:innen und
Studierende in Hinblick auf den zukünftigen Wasserstoffsektor?
Für die Energietransformation brauchen wir Techniker:innen und Ingenieur:innen,
die sich für Energiesysteme, von Strom über Wärme bis hin zu Wasserstoff
begeistern. Dafür wollen wir bei jungen Menschen schon früh Interesse wecken.
Ein Beispiel: Unsere Lehrlinge haben ein Modell gebaut, das das Gesamtsystem
sichtbar macht. Dazu gehören auch interaktive Elemente und VR-Anwendungen, in
denen man selbst das Energiesystem umbaut und Wasserstoff integriert. So wird ein
komplexes Thema greifbar und spannend, so halten wir Talente in der Region.

Welche Aspekte begeistern Sie persönlich am meisten?
Wasserstoff ist das fehlende Puzzleteil, das verschiedene Sektoren miteinander
verbindet: Überschüsse im Stromsystem werden speicherbar und nutzbar, auch im
Winter. Darüber hinaus ermöglicht er, die Industrie mit einem sauberen, gasförmigen
Energieträger zu versorgen und Fernheizkraftwerke klimaneutral zu betreiben. Dabei
ist mir wichtig, die Versorgungssicherheit und Leistbarkeit im Blick zu behalten. Und
diese großen Ziele herunterzubrechen und hier in der Region wirklich für die
Menschen und Betriebe umsetzbar zu machen – das ist es, was mich antreibt und
warum ich mich so gerne mit vollem Einsatz dafür engagiere.
Wir bedanken uns für das Gespräch mit Dominik Matheisl. Die LINZ AG zeigt, wie
Wasserstoff nicht nur zur Klimaneutralität beiträgt, sondern auch die
Versorgungssicherheit stärkt und neue Chancen für die Region schafft: von der
Industrie bis hin zur Ausbildung der Fachkräfte von morgen.
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